Marie Krutmann |
Lektorin, Redakteurin & Unternehmerin
Mein Name ist Marie, ich bin 30 Jahre alt, komme ursprünglich aus Bielefeld und lebe seit einigen Jahren in Berlin, wo ich mittlerweile freiberuflich als Lektorin und Redakteurin arbeite. Gemeinsam mit meiner Schwester Hannah und drei Freundinnen habe ich 2017 das Almost Magazin gegründet – ein Mindset-Magazin, das Momentaufnahmen aus den Leben verschiedenster Menschen (weltweit) in Form von Geschichten, Essays und Gedichten versammelt. Jedes Jahr erscheint eine neue Ausgabe in gedruckter Form, die von internationalen Künstlern und Künstlerinnen illustriert wird.
Gerade arbeite ich an den Texten für unsere „Space Issue“. Es ist so spannend zu sehen, wie viele unterschiedliche Geschichten, Perspektiven und Interpretationsmöglichkeiten es zu diesem Thema gibt – je nachdem, wen man fragt.
Da man von einem Printmagazin allein jedoch schlecht leben kann (leider), haben Hannah und ich im Anschluss an das Magazin im letzten Jahr eine eigene Agentur für Storytelling und Content Creation gegründet – die Almost Agentur. Dort erarbeiten wir Kreativkonzepte für verschiedene Brands und Verlage und stellen frauengeführte Indie-Unternehmen vor. Es ist vielleicht schwer vorstellbar, aber wir können tatsächlich sehr gut als Geschwister zusammenarbeiten und verstehen uns auch „privat“ ziemlich gut.
Nach meinem Literatur- & Skandinavistikstudium in Göttingen habe ich ein Praktikum bei einem Magazin in Stockholm gemacht, Hannah (die ich die Jahre während meines Bachelorstudiums nur selten gesehen hatte) machte dort gerade ihren Master. Da es ziemlich schwer ist, eine (bezahlbare) Wohnung in Stockholm zu finden, haben wir uns gemeinsam ein Wohnheimzimmer geteilt. Da haben wir gemerkt, dass wir es scheinbar auch als Erwachsene gut auf engstem Raum miteinander aushalten.
Nach meiner Zeit in Schweden habe ich in Berlin einen Master in Angewandter Literaturwissenschaft gemacht und parallel angefangen, für Onlinemagazine zu schreiben und über Bücher zu bloggen. So habe ich mehr und mehr Leute im Literaturbetrieb kennengelenrt und schließlich nach dem Master begonnen, beim Ullstein Verlag zu arbeiten. Dort habe ich ein paar Jahre die Redaktion des Verlagsblogs betreut, Autoren und Autorinnen interviewt und Onlinetexte lektoriert.
Früher dachte ich immer, dass ich am liebsten selbst schreiben möchte, aber durch die vielen Interviews, die ich als Redakteurin geführt habe und vor allem durchs Lektorat ist mir aufgefallen, dass ich noch lieber anderen Menschen dabei helfe, ihre Geschichten zu erzählen.
Marie
Als meine Stelle nicht verlängert wurde, beschloss ich, mich selbstständig zu machen. Zu dem Zeitpunkt hatten wir bereits das Almost Magazin gegründet und ich wollte das, was ich dort tat (also Lektorieren, Schreiben, eigene Konzepte entwickeln…) ab sofort jeden Tag und nicht erst nach Feierabend tun. Momentan würde ich sagen, dass war die beste Entscheidung, auch wenn ich nicht damit gerechnet hätte, dass das erste Jahr meiner Selbstständigkeit ein „Corona-Jahr“ sein würde.
Neben den Aufträgen, die wir in der Agentur bekommen, lektoriere ich Sachbuchtexte für die Onlineplattform Blinkist und Bücher aus unabhängigen Verlagen, was mir ziemlich großen Spaß bereitet!
MARIES BUCHAUSWAHL | BÜCHER & BILDBÄNDE
Bücher? Boah, Bücher bedeuten mir alles! Ich gehöre (zum großen Unverständnis meines Freundes) zu den Menschen, die alle Bücher, die sie gelesen haben oder lesen möchten, am liebsten auch besitzen. Das nimmt natürlich Platz und Geld weg (und leihen ist eigentlich auch ganz schön).
Ich liebe es, vor meinem Regal oder dem anderer Leute zu stehen und zu schauen, wen und was es dort alles gibt, wie die Cover aussehen (Ästhetik ist mir auch ziemlich wichtig – ich kaufe grundsätzlich nur schöne Bücher) und zu überlegen, wann ich welches Buch gelesen habe.
Was ich allerdings nie mache, ist Bücher doppelt lesen.
Ich kaufe meine Bücher am liebsten online secondhand oder in Indie-Buchhandlungen wie She Said oder dem Ocelot.
Meine Traum-Buchhandlung im Internet ist so konzipiert, dass ich angeben kann, was ich bereits gelesen habe und mochte und anschließend ganz viele tolle Cover präsentiert bekomme, über die ich dann auf neue Inhalte und Autoren und Autorinnen stoße (vielleicht findet man dann auch noch ein Interview oder ein kleines Porträt zur Person).
Ja, so ähnlich (aber weniger originell) funktioniert auch dieser große schlimme Onlinehandel, der nach einem Fluss benannt wurde, aber in meiner Traumvorstellung handelt es sich um eine feministische Indie-Online-Buchhandlung, die Bücher auf einer ästhetisch ansprechenden Seite präsentiert und kuratiert.
An VINCENT&VOLTAIRE gefällt mir, dass man nicht vom Angebot erschlagen wird und direkt merkt, dass „echte“ Menschen dahinter stecken. Menschen, die sich Gedanken machen, was wie zusammenpasst, wie ein Buch zu Geltung kommt und die für das brennen, was sie tun.
Ich habe gerade mit der Kopenhagen Trilogie von Tove Ditlevsen begonnen. Teil 1 (Kindheit) hat mich dank der Übersetzung durch Ursel Allensein so sehr begeistert, dass ich mich jetzt sehr auf Teil 2 (Jugend) und Teil 3 (Abhängigkeit) freue.
FEMINISMUS| PRESTEL
Frauenbewegung, Wahlrecht, Feminismus
Zu all diesen Aspekten gibt es zahlreiche Daten, Fakten und Geschichten. Aber besonders eindrucksvoll und lebendig wird es meistens erst, wenn man die Bilder dazu vor Augen hat. Bilder von Frauen, die für ihre Rechte eintreten und sich zusammenschließen.
Ja, wer dann? Das frage ich mich auch oft – wobei ich (bislang) noch bei weitem nicht so mutig war wie die Frauen, die hier porträtiert werden. Toni Morrison und Angela Merkel in einem Buch, klingt zudem nach einer spannenden Kombi.
FEMALE PHOTOGRAPHERS.ORG | HATJE CANTZ
Verschiedene, sehr natürliche Perspektiven und Körper
Ich glaube, viele von uns sind (bewusst oder unbewusst) den männlichen Blick auf (weibliche) Körper gewohnt, sei es aus der Werbung oder der Kunst. The Body Issue vereint sehr verschiedene Perspektiven und Körper, doch sie alle wirken auf mich sehr natürlich. Körper, die beweglich sind, frei hängen oder einfach sein dürfen. Außerdem bin ich großer Kirsten Becken-Fan und habe mich gefreut, auf einem ihrer Bilder ein mir bekanntes Gesicht zu erkennen.
Ich finde, es gibt kaum etwas Schöneres, als in Buchhandlungen zu stöbern und zu schauen, welche Bücher zusammenstehen, welche empfohlen werden, wie Cover zusammengestellt wurden, was es Neues zu entdecken und Altes wiederzufinden gibt. Jede Buchhandlung erzählt ihre eigene Geschichte.
Mich inspirieren am meisten die Frauen in meinem Leben: meine Schwester, die viel weniger als ich über manche Dinge nachdenkt und die einfach macht (einen Hund aus einem portugiesischen Tierheim adoptieren zum Beispiel) oder meine Mutter, die uns alleine aufgezogen hat und bei der Kreativität ein fester Bestandteil des Alltags ist. Ich glaube, ich kenne niemanden mit so vielen Büchern und Hobbies (Malgruppe, Literaturgruppe, Chor, Schwedischsprachkurs, Aktzeichnen…).
Und dann sind da natürlich all die tollen Autoren und Autorinnen und Macher und Macherinnen, denen ich in meinem Umfeld oder auf Instagram begegne. Für das Onlinemagazin Femtastics habe ich gerade ein Interview mit der Körperaktivistin Body Mary gemacht, die mich daran erinnert hat, dass ich mich noch stärker feministisch und vor allem aktivistisch engagieren möchte.