Beschreibung
„Jede Zeit hat auch ihr eigenes Aroma, ihren Duft, […]. Das ‚Jahrhundert der Extreme‘ hat seine eigenen Geruchslandschaften hervorgebracht. […] Die Teilung der Welt im vergangenen Jahrhundert kann jetzt […] – gleichsam ‚mit der Nase‘ – erkundet und erzählt werden.“
Karl Schlögel, S.12
Kann ein Tropfen Parfüm die Geschichte des 20. Jahrhunderts erzählen? Ein ungewöhnlicher Zugang zur Geschichte Europas im 20. Jahrhundert
Kann ein Duft Geschichte aufbewahren? Zwei Parfums liefern Karl Schlögel den Stoff, die europäischen Abgründe des 20. Jahrhunderts neu zu erzählen. Durch die Turbulenzen der Revolution gelangte die Formel für einen Duft, der zum 300. Kronjubiläum der Romanows kreiert worden war, nach Frankreich. Er lieferte die Grundlage für Coco Chanels ‚Nº 5‘ und für sein sowjetisches Pendant ‚Rotes Moskau‘, das bis heute unter diesem Namen produziert wird. Verantwortlich für die Parfümindustrie war Polina Schemtschuschina, die Frau des Außenministers Molotow. Sie fiel später einer Säuberungskampagne zum Opfer — und Coco Chanel kollaborierte mit den deutschen Besatzern. Ein unscheinbarer Zufall führt Karl Schlögel zu erstaunlichen Entdeckungen in einer Epoche, die wir gründlich zu kennen glaubten.
„Nun kennen wir die Karriere des so erfolgreichen Chanel No 5, aber kaum die Geschichte des populärsten sowjetischen Parfums. Es zeigte sich, dass beide auf eine gemeinsame ursprüngliche Komposition zurückgehen, komponiert von französischen Parfümeuren im Zarenreich, von denen der eine […] nach Frankreich zurückkehrte und auf Coco Chanel traf, während der andere […] in Russland blieb […] und aus dem ‚Lieblingsbouquet der Kaiserin Katharina‘ das Rote Moskau schuf.“
Karl Schlögel, S.10f.
Der Autor | Karl Schlögel
Karl Schlögel, Jahrgang 1948, hat an der Freien Universität Berlin, in Moskau und Leningrad Philosophie, Soziologie, Osteuropäische Geschichte und Slawistik studiert. Bis 2013 lehrte er als Professor für Osteuropäische Geschichte an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. 2016 erhielt er für ‚Terror und Traum‘ (Hanser, 2008) den Preis des Historischen Kollegs. Bei Hanser zuletzt erschienen: ‚Der Duft der Imperien. „Chanel No 5“und „Rotes Moskau“‘ (2020).
Inhaltsverzeichnis |
Der Duft der Imperien
Eine außerplanmäßige Recherche 9 | Der Duft des Imperiums oder wie aus dem „Lieblingsbouquet der Kaiserin Katharina II.“ von 1913 nach der Russischen Revolution Chanel No 5 und das sowjetische Parfum Rotes Moskau werden 13 | Geruchslandschaften. Prousts Madeleine und die Geschichtsschreibung 33 | Wenn „das schwächste Glied in der Kette des Imperialismus reißt“ (Lenin). Die Welt der Düfte und die olfaktorische Revolution 45 | Abschied von der belle époque und Kleider für den Neuen Menschen. Chanels und Lamanowas Doppelrevolution 71 | Chanel’s Russian Connection 87 | French Connection in Moskau? „Vaterland der Werktätigen“ und Michail Bulgakows Spur 97 | Auguste Michels unvollendetes Projekt: ein Parfum der Marke „Palast der Sowjets“ 103 | Der verführerische Duft der Macht. Coco Chanel und Polina Shemtschushina-Molotowa. Zwei Karrieren im 20.Jahrhundert 117 | Aus der anderen Welt: Der Rauch der Krematorien und der Geruch der Kolyma 147 | Nach dem Krieg. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. New Look und Stiljagi 155 | Nachtrag: Olga Tschechowa, die Grande Dame des deutschen Films, die Kosmetik und der Traum von der ewigen Jugend 167 | How One World Smells 175 | Nicht nur das Schwarze Quadrat: Malewitschs Flakon 181 | Anmerkungen 191 | Literatur 207 | Bildnachweis 215 | Register 217 |
VERLAG
Hanser
AUTOR
Karl Schlögel
BINDUNG
Hardcover
GRÖSSE
13,5 x 21 cm
SEITENANZAHL
224
GEWICHT
341 g
SPRACHE
DE
VERÖFFENTLICHUNG
2020
ISBN
978-3-446-26582-0
Bewertungen
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